Kerbespruch 1962
Schön guten
Tag, Ihr Damen und Herren
Ihr Jungen, Ihr Alten.
Ihr Mädchen
und Knaben,
ich bitt
Euch alle insgemein
dass Ihr ein wenig ruhig seid
und meinen
Worten höret zu
was ich noch weiter sagen tu. – V i v a t!
Vor hundert
und ich weiß nicht mehr genau die Jahre
als hier von uns noch keiner war
ward unsere Kirche eingeweiht
zum Tempel für die Christenheit.
Auf festem
Grund steht sie gebaut
und trotzet jedem Sturm
und die Glocken rufen laut
vom hohen Turm.
Sie laden
uns zur Feier ein
und mahnen zum Gebet.
Sie bringen
uns den Morgengruß
und tönen, wenn die müde Fuß
des Nachts zur Ruhe geht.
Selbst ihre Trauerklänge hallen
wenn wir nach jener Stätte wallen.
Doch vor
allem sei ein Ziel gesteckt
dass uns kein Feuerruf mehr weckt.
Drum wollen
wir den Bund erneuern
und heute unsere Kirchweih feiern. – V i v a t!
Als erstes
will ich von unserem Pfarrer sprechen.
Gott lasse unseren Seelenhirten
recht lange Jahre leben
und sein
segensreiches Wirken
auch reiche Früchte geben.
Laßt ihn
verkünden Gotteswort
so wie hier auch allerort.
Und wenn
durch Glaub’ und Liebe
die Menschen sich verstehen,
dann wird
auch bei den Völkern
die Friedensfahne wehn. – V i v a t!
Unser
Bürgermeister, er lebe hoch.
Ein Mann,
den die Gemeinde ehrt
wohnt hier in unserer Mitte
er ist der vollen Achtung wert
das Zeugnis gibt ihm jeder.
Nur
Verleumder müssen schweigen
die ihn verachten wollen
denn er sucht seines gleichen
im Amt, das ihm vergonnen.
Über ihn
kommt wenige Klage
das müssen
wir ihm rühmlich
auch heut mir Recht nachsagen. – V i v a t!
Auch unsere
Lehrer wollen wir nicht vergessen
die uns als Kinder haben gelehrt
wie man im Leben sich bewährt.
Ihr Eltern, die ihrs redlich meint
mit euren lieben Kindern
ehrt sie als den besten Freund
und liebet sie nicht minder
denn die Jugend zu erziehen
ist ihnen eine heilige Pflicht.
Dann lebt
das ganze Dorf erfreut
Vivat! Unseren Lehrern zu Gesundheit!
Es lebe
auch unser Herr Förster recht wohl
der bei Tag wie bei der Nacht
über unsere Wälder wacht.
Hunde, Katzen, Has und Füchse
fürchten seine Jägerbüchse.
Ein schönes Leben führt der Mann
eine Horrido dem Jägerstand. – V i v a t!
Unsere
Feuerwehr müssen wir hier einmal loben.
Denn kaum
hatten vor einiger Zeit die Sirenen geheult,
da war sie
auch schon herbeigeeilt.
Im Gasthaus zum Bären war ein Brand ausgebrochen
die Nachbarn hatten es sofort gerochen
und mit viel Getöse und viel Geschrei,
raste alles
was Beine hatte herbei,
in allen
Ecken wurde Feuer gebrüllt,
doch war
die Sache nur halb so wild,
denn die
Nachbarschaft hatte den Brand bereits gestellt.
Daran
ersieht ein jedermann
dass man sich auf die Bärstädter Feuerwehr
verlassen
kann. – V i v a t!
In diesem
Jahr sind zu bedauern
in erster Linie unsere Bauern.
Der Petrus hatte es nicht gut gemeint,
denn statt
erwartetem guten Wetter
gab es Trockenheit.
Wo sonst
nie eine Hand gerührt,
wurde jeder
Grashalm abrasiert.
Mit der Getreideernte kann es nicht viel besser stehn,
das kann
man an den Gesichtern der Bauern sehn.
Doch ihr
Bauern dürft dadurch nicht entmutigt sein
im nächsten Jahr
wird sicher wieder alles doppelt gedeihn. – V i v a
t!
Mit der
Wasserversorgung klappt es überhaupt nicht mehr
denn braucht man Wasser, ist die Leitung leer.
Es gibt
hier viele Leute,
die
gebrauchen unser köstliches Nass.
Für Swimming-Pool und Gartenlaube
lassen sie das Wasser laufen
und unser Vieh hat nichts zu saufen.
Ihr, die
ihr Euch jetzt betroffen fühlt,
nehmt
unsere Worte nicht für krumm
und geht mit dem kostbaren Wasser sparsamer um. – V i v a t!
Im Sommer
nach einer durchzechten Nacht,
hatten sich
auch die letzten Lumpen auf den Heimweg gemacht.
Und sie
steuerten im Nu
auf die liebe, gute alte Linde zu.
Hier am Denkmal angekommen,
wurde
gleich eine Kraftprobe vorgenommen.
Jeder hat
mit seiner Kraft gestrunzt
und so wurde die Denkmalumrandung gewaltig verhunzt.
Doch kaum
waren einige Stunden verronnen,
hatte die
Polizei mit der Fahndung begonnen.
Zur Freude
der Dorfbewohner
Hatte man
die Täter sehr bald geschnappt
und sicherlich haben die Brüder ganz schön berappt. – V i v a t
Es lebe
auch unser Herr Jagdpächter recht wohl!
Er ist kein
Freund vom Alkohol!
Er liebt
die Jagd, den Wald, das Wild
hat im Winter gar oft den Tieren den Hunger gestillt.
An edlen
Pferden hat er Freude,
seine Tiere
sind eine Augenweide,
ein poussierliches Fohlen, s’ ist süß und fein,
doch bis es
einmal geritten wird,
wird auch
die Reithalle fertig sein! – V i v a t!
Autofahrer
trinkt nur Saft,
das gibt
Mut und Lebenskraft,
trinkst du
aber Bier und Wein,
futschikato
ist der Führerschein,
vielen
ist’s schon so ergangen,
dass müsst
doch den Andern langen.
Zweie sind
noch unbelehrbar
und darum
im Verkehr – Gefahr da -
sind doch ständig nur in Tran (Trance)
kennt ihr
Sie? Seht sie euch an! – V i v a t!
Jetzt
kommen wir zu unseren Dingen.
Schöne
Mädchen, wie die Rosen
zieren heute unser Fest,
sie zu
herzen und zu kosen
dazu hat ein jeder Recht.
Doch
unversehrt von üblen Dingen
müsst ihr sie wieder zu uns bringen.
Denn die
Mutter meint es herzlich gut,
sie denkt
auch an ihre jungen Jahre
sie weiß ja wie das Lieben tut,
sie hat es
längst erfahren.
Der Vater
ist ein strenger Mann
der bleibt bei seiner Pflicht
doch was im Dunkeln wird getan
das sieht und hört er nicht.
Es leben
auch die Freunde mein.
Ich hoffe
ihr werdet recht artig sein
und diesem Fest keine Schande machen,
dass ihr
nicht werdet den Spöttern zum Lachen.
Wert heute
hier ein Schätzchen hat
dem rat ich’s aber treu,
wenn es ein
Freund zum Tanzen hat
nicht eifersüchtig sei.
Vergönnt
ihm auch einen Jungfernkuß
es macht ja nicht viel aus
ihr werdet noch satt im Überfluß
bis unsere Kirchweih ist aus. – V i v a t!
Unsere
Musikanten, die scheinen in Form
Ihr Herren, ich hoffe,
Ihr werdet
Euch tapfer zeigen
lasst Euch von keinem Sturm
am Kirchweihfeste beugen.
Ein jedes
Instrument muß klingen rein und schön
und wer zum Tanze geht
soll Euren Ruhm erhöhn.
Drum singet
und spielet die ganze Nacht
dass jedem das Herz im Leibe lacht. – V i v a t!
Halt ich hätt mich bald vermessen
und meinen Mundschenk ganz vergessen.
Jetzt
reicht er mir das Gläschen her,
lässt mich
den Wein genießen.
Ach wärst
du mir immer so bei Leib
dann wünsch ich Dir zum Lohn
von diesen Jungfern hier ein Weib
und bald einen kleinen Sohn
doch weil Du warst so treu bisher
trink Du für mich das Gläschen leer. – V i v a t
So, nun
lasst uns weitergehen
lasst uns nach dem Tanzsaal sehen.
Der Saal
ist herrlich aufgeputzt
aufs prächtigste geziert
und wer denselben so benutzt
der lebt wie sich’s gebührt.
Wir lieben
hier die Einigkeit
wie immer ist geschehen
und wer will wagen Streit
der braucht nicht mitzugehen.
Ich aber
trink mein Gläschen leer
und sage frei heraus:
Ich weiß
nichts mehr. – V i v a t!